Fachkräftemangel-Katalysator: Die Akademisierungsfalle

Fachkräftemangel – Ausbildung vs. Studium
Das Dilemma der Akademisierungswelle

Bildquelle: BIBB 15.12.2021, S. 8, 28 | Hochschule Augsburg | Fachkräftesicherung im ländlichen Raum | 22. Augsburger Personalertag | S.6 – Dramatischer Rückgang bei Auszubildenden | Prof. Dr. Erika Regnet

Warum „weniger Bildung“ die Rettung im Fachkräftemangel sein kann

Seit Jahrzehnten verfolgen wir den demografischen Wandel. Früher stand bei den meisten Personalern und Führungskräften die Diskussion der Mentalitäten- und Charakteränderungen der Generationen im Mittelpunkt. Wenn wir die logische Konsequenz des drohenden Fachkräftemangels durch den Geburtenrückgang und die fortschreitende Akademisierung angesprochen haben, ernteten wir größtenteils ein müdes Lächeln oder die Aussage, dass es keinen Fachkräftemangel gibt und geben wird. Nun, ein paar Jahre später ist es beherrschendes Thema bis in die Unternehmensspitzen.

Neben den vielen anderen Faktoren spielt jedoch eine große Veränderung auch noch eine entscheidende Rolle: die Akademisierungsfalle! Über die letzten Jahrzehnte wurde die Akademisierung (Studium) immer mehr über eine berufliche Ausbildung (Lehre, Berufsschule) gestellt. Studiert ein Bachelor im Schnitt sechs bis acht Semester, hat er gerade mal so viel Zeit in seine Ausbildung gesteckt wie Auszubildende (die heute am besten auch schon ein Abitur in der Tasche haben sollte). Legt der/die Auszubildende jetzt zwei Gesellenjahre und dann ein Techniker-Studium oder die Meisterausbildung obendrauf, ist die Bildungsdauer fast doppelt so lang (umgerechnet 14-16 Semester), als bei den meisten Masterabschlüssen (im Schnitt 8 Semester). Mit zwei Jahren Berufserfahrung stehen Master jedoch im Ansehen und Gehalt in der Beurteilung größtenteils über den „Praktiker(inne)n“.

Es stellt sich jedoch die Frage, welche Ausbildungslinien beim Fachkräftemangel am meisten fehlen. Sie ahnen es wahrscheinlich schon: nicht die Bachelors und auch nicht die Master. Wie man obiger Grafik leicht entnehmen kann, ist die Verschiebung von Ausbildung und Studium extrem und fatal! Woher kommt das? Wir sehen zwei ausschlaggebende Punkte:

  1. Ein Schulsystem, in dem das Abitur präferiert wird und ein Hauptschul- oder Real-/Mittelschulabschluss nichts mehr zählt
  2. Akademiker als Personalentscheider in HR und Führungspositionen, welche Ihren „Stand“ bevorzugen

Im Gymnasium bekommt man nach zehn Jahren sogar ohne Weiteres die Mittlere Reife geschenkt, in der Realschule muss man dafür eine Prüfung bestanden werden. Die Notenspiegel werden nachweislich so getunt, sodass es dann am Ende schon wieder passt. Die Folge sind extrem viele Studienabbrecher in den ersten beiden Semestern und damit verschenkte Lebenszeit der gescheiterten Studierenden.

Was könnte die Lösung sein?

Die Aufwertung der nicht akademischen Ausbildung!

Im Titel provokant formuliert als „weniger Bildung“, was ja wie eingangs beschrieben nicht einmal der Fall ist, aber so empfunden wird. Die Verteilung auf verschiedene Bildungswege, sowohl in der Schule als auch danach, macht bis heute Sinn, denn wir leben trotz aller Agilität und New Work in arbeitsteiligen Prinzipien. Wer davon nichts hält, darf sich gerne unsere eWMS (eierlegende Wollmilchsau) anschauen – die ist die logische Konsequenz, wenn man nicht aufteilt und fokussiert. Da einer nicht ohne den anderen kann, besteht kein Grund zur Differenzierung – weder im Ansehen noch im Gehalt oder in irgendeinem anderen Punkt!

Ihre Stellungnahme und Gedanken senden Sie bitte ganz offen und direkt an . Gerne veröffentlichen wir diese hier nach interner Prüfung und unserer Freigabe.

Übrigens: Wie Sie mehr potenzielle Auszubildende für Ihr Unternehmen begeistern können, verraten wir Ihnen gerne als Dankeschön für Ihre Stellungnahme an obige E-Mail-Adresse.

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